In der 1949 gegründeten Bundesrepublik fand eine politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit zunächst nur sehr begrenzt statt. Die Gerichte reagierten auf die Versuche der Aufklärung von NS-Verbrechen mit zahllosen Verfahrenseinstellungen, Freisprüchen und einer milden Urteilspraxis. Daran konnte auch das Bemühen einzelner Strafermittler, Staatsanwaltschaften und Gerichte um eine konsequente Strafverfolgung nichts ändern. Das Erbe der Nürnberger Prozesse wurde zum Teil schroff abgelehnt.
Einen Wendepunkt leitete der Ulmer Einsatzgruppenprozess im Jahr 1958 ein, der auf ein größeres öffentliches Interesse stieß und noch im selben Jahr zur Einrichtung der "Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen" führte. Damit wurde erstmals die Voraussetzung für eine systematische Strafverfolgung von NS-Tätern in der Bundesrepublik Deutschland geschaffen.
Der 1961 in Israel geführte Prozess gegen Adolf Eichmann, der im Reichssicherheitshauptamt als zentrale Figur die Judendeportationen gesteuert hatte, erregte auch in Deutschland Aufsehen. Aber erst der Frankfurter Auschwitzprozess, maßgeblich vorangetrieben durch den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, konfrontierte zwischen 1963 und 1965 die Öffentlichkeit konkret mit dem nationalsozialistischen Judenmord. Dennoch bot der Prozess, der lediglich zur Verurteilung von 17 SS-Angehörigen führte, keine moralisch befriedigende Antwort auf Auschwitz.
Gleiches galt für den aufwendigsten deutschen NS-Strafprozess, der zwischen 1975 und 1981 in Düsseldorf zum Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek stattfand. Über 30 Jahre nach den Verbrechen war ein Tathergang im Einzelfall kaum noch rekonstruierbar. Der eigentliche Wert dieser großen NS-Strafprozesse lag somit nicht in der Verurteilung von Tätern, sondern sie zwangen die deutsche Nachkriegsgesellschaft zu einer Auseinandersetzung mit ihrer verdrängten Vergangenheit.