Albert Speer in der Bundesrepublik

Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit

2017 zeigte das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände die Sonderausstellung "Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit". Aufgrund des großen Erfolgs in Nürnberg wurde eine verkleinerte Version der Ausstellung entwickelt, die bereits in Prora, Köln, Bochum, Mannheim und Berlin gezeigt wurde. Als "wartende Experten" war die hier vorgestellte Auswahl von Forscherinnen und Forschern jeweils vor Ort vertreten. Sie beantworten in kurzen Statements die Fragen, die Speer, wenn überhaupt, nur nebulös erwiderte.

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Einführung zur Ausstellung

Als sich am 1. Oktober 1966 um genau 00:00 Uhr die Tore des Gefängnisses in Berlin-Spandau öffneten, warteten über tausend Schaulustige auf Albert Speer und Baldur von Schirach, die ihre zwanzigjährige Haftstrafe abgesessen hatten. Mikrophone und Kameras aus aller Welt richteten sich vor allem auf Speer, der nun für viele Jahre erneut ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rückte. Albert Speer war während des Nationalsozialismus als erster Architekt des Reiches verantwortlich für Großprojekte wie das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg und die Umgestaltung Berlins. In kürzester Zeit zählte er zu Hitlers engsten Vertrauten, 1942 wurde er Rüstungsminister. 1946 verurteilten ihn die Alliierten im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess zu zwanzig Jahren Haft.

Nach seiner Entlassung 1966 begann Albert Speers dritte Karriere als gefeierter und scheinbar geläuterter Zeitzeuge und Autor. Durch zahlreiche Fernsehinterviews, unzählige Artikel in Illustrierten und Buchveröffentlichungen konnte Speer seine erstmals 1945 in Nürnberg entworfene, dann immer weiter ausformulierte Legende in die Öffentlichkeit tragen: Er – und damit auch die meisten Deutschen – hätten von den Verbrechen des Nationalsozialismus nichts gewusst und seien, von der Aura Hitlers verführt, in den Krieg unverschuldet hineingeraten. Vor allem vom systematischen Mord an den europäischen Juden habe man keine Kenntnis gehabt.

Entgegen seiner eigenen Darstellung war Albert Speer keineswegs nur der Architekt Hitlers und später der unpolitische Techniker an der Spitze des Rüstungsministeriums. Wie Dokumente belegen, war er vielmehr einer der Haupttäter des nationalsozialistischen Regimes, maßgeblich beteiligt an der Judenverfolgung und an den Verbrechen in den Konzentrationslagern.

Die Ausstellung des Dokumentationszentrums macht es sich zur Aufgabe, die Speer-Legende vom verführten unwissenden Technokraten und damit auch den Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit gleichsam kriminalistisch sichtbar werden zu lassen. Auf Basis des aktuellen Forschungsstands – allein in den letzten Jahren sind mehrere Dissertationen und Aufsätze zum Thema erschienen – zeigt sie, wie Speer als gefragter Zeitzeuge mit seinen Geschichten über Jahrzehnte die historischen Fakten überdecken konnte. Damit einher geht die Frage, warum diese Legende in der Bundesrepublik so lange und bei so vielen Menschen Resonanz fand – selbst dann noch, als Historiker viele Erzählungen längst mit Fakten aus den Archiven widerlegt hatten.

Blogbeitrag zur Ausstellung "Albert Speer in der Bundesrepublik"
Wer interessiert sich heute noch für Albert Speer?

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