Über die Wendeltreppe erreicht der Besucher das 2. Obergeschoss und damit die Repräsentationsebene des Schlosses.
Im heute byzantinisch-rot gestrichenen Empfangsraum empfingen die Tucher möglicherweise einst Gesandte und Geschäftspartner, Ratsmitglieder und Patrizier. Der Raum wird von dem um 1570 in Tournai gewirkten Wandteppich mit seinen großformatigen, fast surreal wirkenden Pflanzenblättern und exotischen Vögeln beherrscht. Ihm gegenüber ist ein plastisch gearbeiteter Truhenschrank platziert. Die Schauseite des zweigeschossigen Möbels ist – typisch für Nürnberger Schränke um 1600 – sehr aufwendig als durchgängige Architekturfassade gestaltet. Mehrere Familienmitglieder in feinen Roben sind auf Bildnissen der renommierten Renaissance-Maler Nicolaus Juvenel d. Ä. (um 1540-1597) und Lorenz Strauch (1554-1630) zu sehen.
Der "Festsaal" ist der größte Raum des Gartenanwesens: Er ist an drei Wänden durchfenstert und ist das einzige Zimmer des Schlosses, das mit einem großen steinernen Kamin ausgestattet ist. Den großen "Festsaal" ziert eine prächtig gedeckte Tafel, um die sich eine illustre "virtuelle" Verlobungsgesellschaft versammelt hat: Renaissance-Musik durchdringt den Raum, das Klappern edlen Geschirrs und leise Tischgespräche untermalen die Bankett-Szene. Auch andere Familienfeste wie Taufen oder Hochzeiten feierten die Tucher vermutlich hier.
Auf der "Verlobungstafel" befindet sich das berühmte achtteilige Tucher'sche Tafelgarnitur und die silberne, feuervergoldete "Doppelscheuer" – eine traditionelle Nürnberger Morgengabe für den zeremoniellen Hochzeitstrunk –, bestehend aus zwei nahezu identischen Buckelpokalen.
Beides schuf der bedeutendste Nürnberger Goldschmied des 16. Jahrhunderts, Wenzel Jamnitzer (1508-1585), im Auftrag von Linhart II. Tucher für die Hochzeit seines Sohnes Herdegen IV. mit Katharina Pfinzing im Jahr 1564. Jamnitzer trieb das Geschirr zunächst aus Kupfer, anschließend versah es Pierre Reymond (1513-1585) im französischen Limoges mit feinsten figürlichen und ornametalen Emaille-Malereien.
Weitere Informationen:
Das Tucher'sche Tafelservice
Blogbeitrag zur Geschichte der Doppelscheuer
Blogbeitrag zu Wenzel Jamnitzer