Hirsvogelsaal

Im frühen 16. Jahrhundert gehörten die Hirsvogel zu den wohlhabendsten Patrizierfamilien Nürnbergs. Vermutlich ist die seit 1380 in Nürnberg nachweisbare Familie aus Oberitalien zugewandert. Der Familienname bezieht sich auf eine Grünfinkenart, dort "Hirsevogel" genannt.

In Nürnberg bauten die Hirsvogel rasch ein bedeutendes Handelshaus auf. Sie handelten mit Gewürzen, Stoffen und Metallen und agierten international: Ihre Fernhandelsplätze waren über ganz Europa verteilt.

Durch ihre Teilnahme an der ersten Indienfahrt oberdeutscher Kaufleute in den Jahren 1505/1506 haben sich die Hirsvogel einen Platz in der Wirtschaftsgeschichte gesichert. Mit dem Tod des Lienhard III. Hirsvogel (1504-1549) erlosch das Handelshaus.

Lienhard III. Hirsvogel erwarb 1531 in der Hirschelgasse ein gotisches Wohnhaus, an dessen Nordseite er bis 1534 einen Saalbau errichten ließ. Dieser bestand aus einem niedrigen Erdgeschossraum und einem darüber gelegenen hohen Saal mit einer Grundfläche von 16 mal 6,6 Metern. Die Fassadengliederung im Stil der italienischen Renaissance war für Nürnberg eine vollkommene Neuheit.

Der repräsentative Hirsvogelsaal sollte der Erholung und Geselligkeit dienen – ähnlich wie das zeitgleich errichtete, benachbarte Tucherschloss. Er war die Morgengabe Lienhards für die Augsburger Patriziertochter Sabine Welser, die er im Jahre 1535, kurze Zeit nach Vollendung des Baus, in Augsburg heiratete. Die Ehe war von kurzer Dauer: Nach nur 18 Monaten kehrte Sabine zu den Eltern nach Augsburg zurück. Wegen des skandalösen Scheidungsverfahrens und daraus folgender Schulden musste Lienhard seine Heimatstadt verlassen.

Der Hirsvogelsaal gilt als "die strengste und schönste Schöpfung der ganzen deutschen Frührenaissance" (Fritz Traugott Schulz). Die vom Nürnberger Bildhauer Peter Flötner (tätig 1522-1546) geschaffene, reich geschnitzte Wandverkleidung mit antikischen Motiven, der steinerne "Kamin" als Durchgang zum Garten und das Deckengemälde des Dürer-Schülers Georg Pencz mit der Darstellung des Phaeton-Sturzes sind die Kernstücke dieser einzigartigen Raumschöpfung.

Mehr zum Hirsvogelsaal können Sie auch in einem Beitrag des Museenblogs lesen
Drum prüfe, wer sich ewig bindet!

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt der Hirsvogelsaal als Touristenattraktion Nr. 1 – er war so bekannt wie Nürnbergs weltberühmte Kirchen.

Das Hirsvogel-Anwesen überstand den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs jedoch nicht. Die wertvolle Innenausstattung konnte aber zum größten Teil gerettet werden.

Nach einer Zwischenpräsentation im Stadtmuseum im Fembo-Haus eröffnete sich dank großzügiger Sponsoren die Möglichkeit, dieses lange vergessene Kapitel Wiederaufbau im Jahr 2000 fertig zu stellen. Dafür wurde im Garten des Tucherschlosses, nur wenige Schritte vom ursprünglichen Standort entfernt, eine neue bauliche Hülle für die außerordentlich aufwändige Restaurierung bzw. Rekonstruktion der originalen Innenausstattung geschaffen.
Ein Blogbeitrag zu den Büsten römischer Kaiser im Hirsvogelsaal

Der neue Bau ist mit einem Foyer, einer Garderobe und modernen Serviceräumen ausgestattet und kann für Veranstaltungen angemietet werden.

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