Hans VI. Tucher (1428–1491)

Der "Jerusalemfahrer"

Werkstatt Michael Wolgemut: Bildnis Hans VI. Tuchers. Leihgabe der Tucher'schen Kulturstiftung im Museum Tucherschloss. Foto: Uwe Niklas

Im Dienst der Stadt Nürnberg

Hans VI. war Mitgesellschafter der Tucherschen Handelskompanie und als Alter Genannter (Bürgermeister) lange Jahre Mitglied im Inneren Rat. Er war verantwortlich für die städtische Armenfürsorge und die Turmbauten der Sebalduskirche. Zudem sorgte er sich um den Ausbau der Büchersammlung des Rats zu einer "modernen" Ratsbibliothek und gilt daher als Begründer der heutigen Stadtbibliothek.

Abenteuerliche Reise ins Heilige Land

Als 51-Jähriger wagte er das gefährlichste "Abenteuer" früherer Zeiten: Im Mai 1479 brach er ins Heilige Land auf. Sein Pilgerweg führte ihn zunächst nach Venedig, von dort auf dem Seeweg nach Jaffa (Tel Aviv) und dann nach Jerusalem. Dort wurde Hans VI. zum "Ritter des Heiligen Grabes" geschlagen. Sein beschwerlicher Rückweg führte Hans VI. über das Katharinenkloster auf dem Sinai bis nach Ägypten. Dort bestieg er das Schiff zurück nach Italien. Als er im April 1480 wohlbehalten seine Heimatstadt Nürnberg erreichte, wurde Hans VI. mit großen Ehren als Held empfangen.

Gemalt für die Nachwelt

Ein Jahr später, 1481, ließ er sich – "der Gestalt 53 Jar alt" – in der Werkstatt von Michael Wolgemut, dem Lehrmeister Albrecht Dürers, mit dem "Mahelfingerlin" (Hochzeitsring) porträtieren. Anlass war seine Vermählung mit der Patriziertochter Ursula Harsdörffer, die Wolgemut bereits 1479 gemalt hatte. Das Gemälde ist heute in der sogenannten "vorderen Schatzkammer" im Erdgeschoss des Tucherschlosses zu sehen.

Der Marco-Polo-Führer des Mittelalters

Berühmt wurde Hans VI. als Autor eines Buchs über die Erlebnisse seiner Reise in das Gelobte Land. Mehreren Generationen von "Jerusalemfahrern" diente es als wichtige Reiselektüre, denn hier waren nicht nur Beschreibungen über die Heiligen Stätten und die damit verbundenen wundersamen Legenden, sondern auch praktische Berichte über Land und Leute sowie Benimmregeln zu finden. Erstmals 1482 in Augsburg bei Johann Schönsperger und kurz darauf auch in Nürnberg erschienen, wurde das Buch bis ins 19. Jahrhundert nachgedruckt und damit zu einem Klassiker der Reiseliteratur, einem wahren Bestseller.

Text: Ulrike Berninger M.A.

Um die Tucher'schen Sammlungen für die interessierte Allgemeinheit öffentlich und so auch der wissenschaftlichen Forschung bekannt zu machen, hat die Tucher'sche Kulturstiftung das Projekt "Die Tucher. Eine Nürnberger Patrizierfamilie und ihre Sammlungen" initiiert und mit erheblicher finanzieller Beteiligung auf den Weg gebracht. Die Tucher'schen Familienschätze werden seit Ende 2019 sukzessive in bavarikon, dem von der Bayerischen Staatsbibliothek betreuten digitalen Portal zur Präsentation von Kunst-, Kultur- und Wissensschätzen aus Einrichtungen in Bayern, publiziert.
Weitere Informationen mit hochauflösenden Fotos verschiedenster Exponate aus Tucher'schem Eigentum – auch des Porträts – finden Sie hier auf bavarikon innerhalb der virtuellen Ausstellung "Hans Tucher und seine Pilgerreise ins Heilige Land 1479/80":
www.bavarikon.de