Digitales Angebot

Schaustück der Monats Januar 2016: Seltene Wurlitzer-Musikbox mit Kinderkassetten.
11. bis 31. Januar 2015

Schaustück des Monats Januar 2016:
Kinderkassetten in einer Wurlitzer-Musikbox

In der beliebten Veranstaltungsreihe "Schaustück des Monats" stellen Ihnen die Museen der Stadt Nürnberg während ca. 30-60 minütiger Spezialführungen besondere Exponate aus dem Besitz der Stadt Nürnberg vor. Der Januar 2016 widmet sich einer seltenen Wurlitzer-Musikbox mit Kinderkassetten.

Im Alltag muss technisches Spielzeug für Kinder ähnliche Anforderungen erfüllen, wie klassische Spielsachen. Technik im Kinderzimmer muss robust und vor allem leicht zu handhaben sein, dann kann es Spielzeugherstellern wirtschaftlich über einen längeren Zeitraum solide Umsätze garantieren. Genau diese Voraussetzungen erfüllt ein geheimer "long time bestseller" im Kinderzimmer, der aus einer benachbarten Branche stammt, nämlich die Kassette, auch Musik- oder Audiokassette (MC) genannt. Seit ihrer Einführung in Deutschland 1963 blieb die Kassette bis zur digitalen Wende das meistverkaufte Medium für Kinder – noch vor der älteren Vinylschallplatte oder der jüngeren Compactdisk (CD). Kassetten sind vergleichsweise preiswert, leicht zu handhaben und zudem für Kinderhände äußerlich unempfindlicher als jegliche Form von Schallplatten.

Ein vergleichbares Nischenleben mit ähnlicher wirtschaftlicher Potenz führt der deutsche Hörspielmarkt. In keinem anderen Land der Welt werden so viele Hörspiele für Kinder produziert, wie in Deutschland. Bereits Mitte der 1960er Jahre warb eine Schallplattenfirma mit dem Begriff der "elektronischen Großmutter" für ihr Kinderprogramm. Rundfunkanstalten und Hörbuchverlage erzielen mit vorgelesenen und akustisch gespielten Geschichten seit Jahrzehnten kontinuierlich hohe Umsätze. Die inhaltliche Vielfalt der Angebote für Kinder ist enorm, angefangen bei klassischen Märchen und qualitativ herausragenden Literaturvertonungen mit Figuren, die Bestandteil der deutschsprachigen Kinderkultur geworden sind, zum Beispiel Benjamin Blümchen oder Karla Kolumna, Pumuckl, Hexe Lilli oder Bibi Blocksberg bis hin zu den Helden der Serien TKKG, den Drei Fragezeichen oder den Fünf Freunden. Gerade für Kinder im Alter zwischen vier und zehn Jahren wurden Hörspiele bis zur digitalen Wende nicht nur auf Schallplatten und CDs zum Kauf angeboten, sondern insbesondere und kontinuierlich auf Kassetten.

Das Schaustück des Monats vereint diese beiden kulturellen Phänomene der Kinderkultur mit einer dritten Besonderheit: einer auffallend kleinen und seltenen Wurlitzer-Musikbox für Kassetten aus dem Jahr 1973, der Wurlitzer C 110 – bestückt mit Kinderhörspielen. Musikboxen oder Jukeboxen waren in den 1930er und 1940er Jahren als sogenannte "münzbetriebene Phonographen" erstmals in den USA hergestellt worden. Die Rudolph Wurlitzer Company, gegründet von dem sächsischen Einwanderer, war ab 1936 Marktführer, dicht gefolgt von weiteren umsatzstarken Firmen wie Seeburg, AMI oder Rock'Ola. Neben den Schellackplatten kamen als Speichermedien ab Mitte der 1940er Jahre zunehmend Vinylplatten auf den US-amerikanischen Markt. Ende der 1940er Jahre waren die Singles mit 45 Umdrehungen pro Minute das ideale Speichermedium für Jukebox-Musik auf Tastendruck.

In Deutschland verbreiteten sich die Musikboxen mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch die US-amerikanischen Soldaten. Innerhalb nur eines Jahrzehnts verzehntausendfachte sich die Zahl der aufgestellten Musikautomaten. Die überwiegende Mehrheit der Musikboxen war zum Hören von Musik von Singles konzipiert. Doch es gab immer wieder Versuche, mit anderen Speichermedien längere Hörzeiten oder andere Hörinhalte zu ermöglichen: einer davon ist die sehr seltene Wurlitzer-Kassettenmusikbox, die als klingende Attraktion neu im Spielzeugmuseum steht.

Führungen zum Schaustück des Monats