- Künstler:
Johann Leonhard Hirschmann
- Datierung:
1700
- Technik:
Öl auf Leinwand, doubliert, bez. "J.L. Hirschmann Fe. A. 1700"
- Maße:
94,5 x 61,2 cm (gesamt); 42 x 32,5 cm (Bildmaß)
- Besitzer:
Museen der Stadt Nürnberg, Kunstsammlungen
Der Auftrag, der Künstler
Im Jahre 1700 beauftragte der Nürnberger Verleger Wolfgang Moritz Endter (1653–1723) den Maler Johann Leonhard Hirschmann, ein Porträt seiner Frau zu malen.
Der Künstler, Johann Leonhard Hirschmann (1672-1750), war als Sohn eines Nürnberger Kupferstechers in Frankfurt am Main geboren, aber schon in seinem ersten Lebensjahr kehrten seine Eltern mit ihm nach Nürnberg zurück. Er hatte gerade sein Probestück an den Nürnberger Rat geliefert, als er den Porträtauftrag von Endter bekam.
Die Künstlerfamilie von Sandrart
Die Dargestellte stammt aus einer der renommiertesten deutschen Künstlerfamilien des 17. Jahrhunderts. Susanna Marias Großonkel, Joachim von Sandrart (1606-1688), war der einzige international anerkannte deutsche Künstler seiner Zeit. Bekannt wurde er durch das Bild des Nürnberger Friedensmahls, heute im Stadtmuseum Fembohaus in Nürnberg. Nachdem 1662 sein Neffe Jacob, Susannas Vater, in Nürnberg die erste deutsche Kunstakademie gegründet hatte, wurde er 1674 deren Direktor. Daneben ist er als Kunstschriftsteller und Autor der "Teutschen Academie" von großer Bedeutung.
Jacob von Sandrart (1630-1708) erhielt seine Ausbildung als Zeichner und Kupferstecher u. a. bei seinem Onkel, als dieser in Amsterdam tätig war. Zunächst ließ sich Jacob in Regensburg nieder, wo er 1654 Regina Christina Eimmart (1636-1708) heiratete, die ebenfalls einer Familie von Kupferstechern entstammte. Ihr Bruder, der bei Jacob von Sandrart die Ausbildung als Stecher erhielt, gründete später die Nürnberger Sternwarte.
1656 zogen Jacob und Regina Christina nach Nürnberg. Von ihren neun Kindern waren drei als Künstler tätig: Johann Jacob (1655-1698), Susanna Maria (1658-1716) und Joachim d. J. (1668-1691).
Biographie der Susanna Maria von Sandrart
Die künstlerische Begabung seiner Großnichte hat Joachim von Sandrart so sehr beeindruckt, dass er schon der Zwanzigjährigen in seiner "Teutschen Academie" eine Vita widmete. Über ihren Werdegang informiert ein Folioband, in dem sie selbst ihre Zeichnungen und Stiche gesammelt und kommentiert hat.
Susanna berichtet dort, dass sie zwar zur Hausarbeit erzogen wurde, jedoch eine solche Neigung zum Zeichnen entwickelte, dass ihr Vater sie unterrichtete und förderte. Bald konnte er ihre Radierungen für seine Kunsthandlung nutzen. Im Jahre 1683 wurde sie mit dem 20 Jahre älteren Maler Johann Paul Auer (1638-1687) verheiratet, der neben Joachim von Sandrart und Georg Christoph Eimmart Co-Rektor der Akademie war. Er war ein begabter Porträtmaler, für den Susanna ihre künstlerische Tätigkeit aufgab. Ihre beiden Söhne, die sie liebevoll gezeichnet hat, starben 1684 gleich nach der Geburt bzw. 1687 als einjähriges Kleinkind. Im gleichen Jahr starb auch Auer nach nur vierjähriger Ehe.
Als Witwe hat Susanna Maria sich erneut der Kunst gewidmet und Radierungen und Reproduktionsstiche für den Verlag ihres Vaters geschaffen. Von diesem Verdienst konnte sie leben, ohne jemandem finanziell zur Last zu fallen. Auf den Rat ihrer Eltern ging sie 1695 eine zweite Ehe ein, diesmal mit dem ebenfalls jung verwitweten Nürnberger Verleger und Buchhändler Wolfgang Moritz Endter.
Verlag und Buchhandlung Endters waren außerordentlich erfolgreich in der Herausgabe illustrierter Bibeln, für die auch die Familie Sandrart Stiche lieferte. Susanna musste ihre künstlerische Tätigkeit nun erneut aufgeben, da sie die sechs halbwüchsigen Töchter Endters aus dessen erster Ehe zu versorgen hatte. Erst gegen Ende ihres Lebens hat sie den Griffel noch einmal zur Hand genommen.
Das Epitaph
Das Bildnis, das Wolfgang Moritz Endter von seiner 42-jährigen Frau malen ließ, zeigt sie elegant gekleidet in patrizischer Tracht, mit Flinderhaube und spitzenbesetzem Kleid.
Nach ihrem Tod 1716 ließ der Witwer das Bild als Epitaph rahmen und fügte selbstgedichtete Verse auf die Tugend und Begabung seiner Frau hinzu – ein Beweis, dass die Ehe keine reine Vernunftehe gewesen ist. Er erwähnt ein von ihr geschriebenes Andachtsbüchlein und den Folioband mit ihrem künstlerischen Schaffen, den er in ihrem Sinne der Stadtbibliothek zu ihrem Andenken vermachte. Der Rahmen zeigt oben das Wappen der Familie Sandrart mit drei Trauben und von einem Pelikan im Nest bekrönt sowie seitlich die Wappen der beiden Ehemänner, Auer (Ochse) und Endter (Ente).
Text: Dr. Andreas Curtius