Schaustück des Monats August 2016:
Für Fürsten und andere Kostbarkeiten
Zur Funktion des "Schönen Zimmers"
Das "Schöne Zimmer" im Pellerhaus
Martin Peller (1559-1629), geboren in Radolfzell am Bodensee und einer der reichsten Kaufleute seiner Zeit, wurde erst nach seiner Heirat mit der Tochter des Großunternehmers Bartholomäus Viatis im Jahr 1591 Nürnberger. Elf Jahre später gab er das damals aufwendigste und prächtigste Bürgerhaus Nürnbergs in einem der vornehmsten Wohngebiete der Stadt in Auftrag. Dabei nutzte er die Steigung des Egidienbergs, um sich eine beeindruckende Schauseite zu sichern. Der Baumeister Jakob Wolff der Ältere, der Zimmerwerksmeister Peter Carl und der Bildhauer Hans Werner errichteten in nur fünf Jahren dieses Meisterwerk europäischer Baukunst.
Das "Schöne Zimmer" lag ursprünglich im zweiten Obergeschoss des Hauses und wurde um 1610 prunkvoll ausgestattet. Als einzige Innenausstattung hat es die Zerstörung des Pellerhauses im Jahr 1945 überlebt, da Kassettendecke und Wandvertäfelung vorher abgebaut und außerhalb Nürnbergs eingelagert wurden. 1957/58 wurde beides im neu errichteten Rückgebäude des Stadtmuseums wieder aufgebaut.
Kunst und Ansehen
Peller hatte in seiner Jugend beinahe zwanzig Jahre in Venedig verbracht. Dies spiegelt sich im "Schönen Zimmer": Die ausgeprägte Symmetrie, der Stil der Deckengemälde und die manieristische Verzierung der Türen orientieren sich deutlich an venezianischen Vorbildern. Zur Wandvertäfelung und der prächtigen Kassettendecke kamen in der ursprünglichen Ausstattung noch goldgeprägte Ledertapeten und Wandteppiche hinzu. Diese wurden im 19. Jahrhundert durch eine hölzerne Wandvertäfelung ersetzt, die ursprünglich den Prunksaal des Pellerhauses zierte.
In seinem "Verrechnungsbuch" gibt Peller einzig diesem Raum eine direkte Funktionszuweisung: als "Studieto" (sic!), also als Sammlungsraum für hauptsächlich zeitgenössische venezianische Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts. An den Wänden hingen unter anderem Gemälde von Tizian, Tintoretto und Veronese, aber auch Pellers kostspieligste Erwerbung, Die Beweinung Christi (Epitaph der Nürnberger Familie Holzschuher) von Albrecht Dürer (heute Germanisches Nationalmuseum). Die zwischen 1610 und 1620 von Peller zusammengetragene Sammlung entstand keineswegs aus reinem Kunstinteresse. Sie war vielmehr ein Mittel zur Steigerung seiner gesellschaftlichen Reputation und erstreckte sich auch auf die anderen Repräsentationsräume im zweiten Obergeschoss.
Die Ungnade der Kaiserin
In der Nische des "Schönen Zimmers", wo sich seit 1662 ein Ofen befand, stand einst ein Prunkbett. Es diente als standesgemäßes Nachtlager für prominente Persönlichkeiten, die insbesondere anlässlich von Kaiserbesuchen in die Stadt strömten. Obwohl dem Kaiser selbst die Burg offenstand, zog er es meist vor, bequem in einem prächtigen Patrizierhaus zu schlafen. Auf diese Ehre hoffte auch Peller. Doch sein hoher Einsatz wurde nicht belohnt. Denn nicht einmal seine kostbaren Räumlichkeiten entsprachen den Ansprüchen der Gattin von Kaiser Matthias – das Schnitzwerk war nicht nach ihrem Gusto. Sie zog es vor, gemeinsam mit ihrem Gemahl im Haus der Imhoffs zu nächtigen.