Englische Puppe
Puppe und Bekleidung "Staats Anzug", Brief und Anleitung.Puppe und Bekleidung: "Ordinaire Nürnb: Tracht", "Négligé"Puppe in Bekleidung: "Ordinaire Nürnb: Tracht"Puppe und Bekleidung: "Nürnb: Bäuerin Tracht"Puppe und Bekleidung: "halb Anzug.", "Nonnen Habit."
Objektbezeichnung:

Papierfigur: Ankleidepuppe: Englische Puppe: La Pouppée angloise; Mappe

Hersteller:

Johann Ludwig Stahl

Herstellungsort:

Nürnberg

Datierung:

1794

Material:

Karton; Papier

Maße:

H 18 cm

Inventar-Nr.:

2013.741

1 Ankleidepuppe, Dame, sogenannte Englische Puppe, französisch betitelt, in originaler Mappe "La Pouppée angloise a diverses modes, Habillemens C0éfures et port-d'habits" "Zu finden bey J.L.Stahl Nürnberg" - aus Karton, radiert und koloriert und ausgeschnitten, sortiert in einem Heft, in dem die Figur und die 6 zugehörigen Kleidungsstücke, jeweils mit Accessoires, je eine Seite einnehmen. Sie sind durch Papierstreifen gehalten, diese mit handschriftlicher Bezeichnung versehen: "Staats Anzug", "halb Anzug", "Nonnen Habit", "ordinaire Nürnb: Tracht", "Negligé", Nürnb: Bäurin Tracht". Mit gedruckter Anleitung, beigelegt der Brief einer Frau von Endtner an ihr "Patenmägden", der sie die Puppe geschenkt hat.


Ende des 18. Jahrhunderts – im Zuge der Französischen Revolution, der Ideen der Spätaufklärung und der Begeisterung für das "modern" empfundene England – entstanden in Europa die ersten gedruckten luxuriösen Modejournale mit farbigen Bildbeilagen. Sie waren in ihrer Wirkung durchaus vergleichbar mit der "Vogue" oder der "Brigitte" unserer Zeit.

Vor diesem Hintergrund entstand eine neue Gattung von Spielzeug, die Ankleidepuppe mit Garderobe aus Papier. In London entwickelt und vorgestellt, betrat die "Urgroßmutter der Barbie" im Jahre 1791 zum ersten Mal den deutschen "Laufsteg":
In Friedrich Justin Bertuchs Weimarer "Journal des Luxus und der Moden", einer Art Lifestyle-Magazin, wurde die sogenannte englische Puppe zum ersten Mal in Deutschland als "eine neue sehr artige Erfindung" angepriesen. Entwerfer und Hersteller jenes, aus bedrucktem Karton-Papier geschnittenen, "englischen Spielwerks" war der Weimarer Maler Georg Melchior Kraus (1737-1806). Im Eigenverlag bot er verschiedene Ankleidepuppen mit englischer oder französischer Garderobe neuesten Geschmackes als amüsantes Spielzeug und modisches Lehrmaterial an.

Bereits im Januar 1793 inserierte der Nürnberger Maler, Kupferstecher und Wachsbossierer Johann Ludwig Stahl (1759-1835) im "Intelligenz-Blatt Nr. 1 (Beilage des Journal des Luxus und der Moden)" neben seiner weiblichen auch eine männliche Anziehpuppe mit modischer Toilette, dazu ein Puppenpferd für Knaben, das man abschirren und mit diversen Reitern beladen konnte.

Von jenen frühesten Belegen der europäischen Papier-Ankleidepuppe sind heute lediglich einige wenige Exemplare weltweit bekannt – diese Ankleidepuppe des Spielzeugmuseums gibt einen kleinen, feinen Einblick in die Kultur der Goethezeit fränkischer Prägung und belegt mit einem äußerst seltenen Original einen um 1800 bedeutenden Zweig der Nürnberger Luxuspapier- und Spielwarenfertigung.