Alexander Randolph wurde am 4. Mai 1922 in Dobrohost, Tschechien geboren. Seine Eltern Sacha Finkelstein und Mary Randolph entstammten dem Künstlermilieu, waren Intellektuelle und lebten mit Alexander und seinem Halbbruder Christopher ab dem Jahr 1924 in Venedig. Sie brachten ihm nur wenig liebevolle Zuneigung entgegen und die gemeinsame Zeit war knapp bemessen – den größten Teil seiner Schulzeit verbrachte er in Internaten in der Schweiz und später in Venedig.
Angesichts des drohenden Krieges zogen die Randolphs 1938 auf eine Ranch in Arizona in den USA. Für Alexander verzögerte sich seine Einreise, da er bis dahin weder eine Geburtsurkunde noch eine offizielle Nationalität besaß. Er reiste auf der Exkalibur seiner Familie nach und war nunmehr Amerikaner.

Die Wissbegier trieb Randolph an die Universität von Chicago, wo es eine beeindruckende wissenschaftliche Gemeinschaft gab. Der polyglotte Student sprach inzwischen perfekt Englisch, Italienisch, Deutsch und Französisch.
1942 wurde Randolph zum Militärdienst eingezogen und aufgrund seiner Deutschkenntnisse der Befreiungsgruppe von Camp Ritchie in Maryland zugeteilt. Als "Ritchie Boy" kam er nach Nordafrika und Italien, um gegebenenfalls deutsche Truppen zu unterwandern. Nach dem Krieg war er in Österreich für die amerikanische Militärstrafverfolgungsbehörde C.I.D. tätig. Über diese Zeit verlor er nur wenige Worte. Ein Mythos entstand um seine Person, den er mit einem Augenzwinkern hinnahm und nie aufklärte.

Er war ein Mensch mit vielen Talenten – eines davon war seine Redegewandtheit. Für seine Nichte verfasste er eine illustrierte Geschichte über eine Mäusefamilie, deren Leben durch mäuseuntypisches Verhalten durcheinander gerät: "A portrait of Nellie". 1954 erschien "The Mailboat", eine in Briefform gehaltene Novelle, die das Schicksal eines jungen Paares dokumentiert und auffällige Ähnlichkeiten zu seiner eigenen Geschichte aufweist.
Mit dem Schreiben verdiente sich Randolph als Werbetexter in Boston sein Geld, doch er entdeckte eine weitere Leidenschaft: das Spieleerfinden. 1958 stellte er seinem Freund Herbert Feuerstein im Wiener "Cafe Hawelka" ein Papier-und-Bleistift- Spiel vor. Die ersten 23 Partien dieses Spiels, das vier Jahre später unter dem Namen TwixT veröffentlicht wurde, sind aufgezeichnet. 1961 kam mit Pan-Kai sein erstes Spiel auf den Markt.

Randolph war ein Weltbürger: Gemeinsam mit seiner Frau Gertrude ging er zunächst nach Rom und anschließend ab 1966 für sechs Jahre nach Japan, wo er sich intensiv mit Shogi beschäftigte und den ersten Meistergrad erreichte. Auch auf die Gestaltung seiner Spiele nahm die japanische Kultur mit ihren ästhetischen Holzarbeiten Einfluss.
Von besonderem Reiz blieb aber immer Venedig, die Stadt seiner Kindheit, mit ihrem morbiden Charme und den labyrinthhaften Verzweigungen der Straßen und Kanäle. 1972 ließ er sich endgültig dort nieder und richtete sich ein Atelier ein. Als sechs Jahre später ein verheerender Brand all seine bisherigen Arbeiten und Aufzeichnungen zerstörte, kam diese Katastrophe einem Abschluss mit seiner schriftstellerischen Vergangenheit und einem Neuanfang als Spieleerfinder gleich.

Randolph hatte sich nunmehr das Spieleerfinden zum Beruf gemacht und war bereit, diesen Status in der Öffentlichkeit zu verteidigen. Nachdem er die Rechte von TwixT zurückkaufen musste, setzte er sich dafür ein, dass die Erfinder von Spielen ebenso wie die Autoren von Büchern namentlich genannt werden müssen. Ein Bierdeckel aus dem Jahr 1988 hält die Proklamation fest: "Keiner von uns gibt ein Spiel an einen Verlag, wenn sein Name nicht oben auf der Schachtel steht." Auf Initiative von Reinhold Wittig unterzeichneten 13 namhafte Spieleautoren.
Seit 1991 setzt sich die SAZ (Spiele-Autoren-Zunft e. V.) für die Belange der Spieleautoren ein. Randolph, einstiger Mitbegründer, bekam für sein Engagement 2001 den Titel des Ehrenzunftmeisters verliehen. Ihm zu Ehren werden seit 2004 der Alex-Medienpreis der SAZ und seit 1993 der Premio Archimede vom italienischen Verlag studiogiochi vergeben. Auf ihn selbst geht die J. P. Halvah Foundation zur Unterstützung junger Spieleautoren zurück, die heute von Herbert Feuerstein weitergeführt wird.

Wie wichtig Randolph die Arbeit an Spielen war, zeigt die Entstehung seines letzten veröffentlichten Spiels Rüsselbande. Im Krankenhaus, von einer Bypass-Operation geschwächt, zeigte er seinem Freund Johann Rüttinger den Prototypen Ferkel, hopp!, der wiederum auf den Vorläufern Auto-Hop und Top-Dog basierte. Noch im Krankenhaus arbeiteten sie an der zügigen Fertigstellung des Spiels. Zuletzt entwickelte Randolph Elfmeterschießen, ein Bluffspiel für zwei Personen. Wie viele seiner zahlreichen Ideen konnte dieses Spiel nicht mehr veröffentlicht werden.
Am 27. April 2004 verstarb Alexander Randolph und wurde auf dem Lagunenfriedhof in Venedig beigesetzt. Die Grabinschrift "Ci-gît Alexander Randolph Inventeur du TwixT" (dt: Hier ruht Alexander Randolph Erfinder von TwixT) erinnert an den Anfang seiner Karriere als Spieleerfinder. Der wertvolle Nachlass wurde von seinen Freunden mit aller Sorgfalt aus dem venezianischen Studio geborgen und dem Deutschen Spielearchiv übereignet, das damit ein bedeutsames Stück Spielgeschichte hütet.

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