Joris Corin Heyder
"[...] hat ein plätlein illuminiert [...] jst ein gross wunder".
Dürer und die flämische Buchmalerei
Erst in der jüngeren Vergangenheit hat man Dürers Begeisterung für das Medium Buch in verschiedenen Ausstellungen und Beiträgen eingehender gewürdigt. Kaum Beachtung fand dabei das Verhältnis des Malers zur flämischen Buchmalerei. Das erstaunt umso mehr, als es sich beim einzigen, auf seiner Niederlandereise erworbenen Kunstwerk, um einen Salvator der erst achtzehnjährigen Buchmalerin Susanna Horenbout handelte. Auch wenn Dürer mit dem "groß wunder" vielleicht vor allem auf die Kombination von Alter, Kunstfertigkeit und Geschlecht der Tochter des namenhaften Buch- und Tafelmalers Gerard Horenbout und nicht in erster Linie auf das Kunstwerk selbst anspielte, so offenbart sich im seinem Kauf doch ein explizites Interesse an dieser im frühen 16. Jahrhundert so populären wie Höchstpreise erzielenden Gattung. Umgekehrt hat man hin und wieder auch den flämischen Buchmalern eine erhöhte Aufmerksamkeit an Dürers Kupferstichen bescheinigt, ohne dabei über einzelne Fälle hinaus systematische Aussagen zu entwickeln.
Der Vortrag versucht diese Lücke zu schließen und etwa im Œuvre von Simon Bening den zwar nachweisbaren aber doch erstaunlich zurückhaltenden Umgang mit Dürers Kompositionen vorzustellen und zu diskutieren. Es gilt zu ergründen, ob die Gent-Brügger Buchmalerei tatsächlich die einzige Kunstform blieb, die mit den Worten Matthias Mendes: "resté fermé au rayonnement de Dürer."
Joris Corin Heyder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Arbeitsbereichs Historische Bildwissenschaft/ Kunstgeschichte an der Universität Bielefeld.
Gašper Cerkovnik
Albrecht Dürer and the Woodcut Illustrations for the Salus animae Prayer Book of 1503
The authorship of small woodcut illustrations for the prayer book Salus animae published in 1503 in Nuremberg divided Dürer-scholars in two equally prominent groups. The study of many copies after the series among Dürer's co-workers, pupils and other major and minor masters in Central Europe nevertheless suggests that to most of the 16th century artists and patrons the polemic would seem more or less pointless – for them the illustrations obviously often functioned as a more accessible source of Dürer's compositions and style.
Gašper Cerkovnik is an assistant researcher at University of Ljubljana, Faculty of Arts, Department of Art History.
Dr. phil. des. Pirkko Rathgeber
Linien und Kreise.
Die Konstruktion figürlicher Mechanik und die Darstellung lebendiger Bewegung in der Lehre Albrecht Dürers
Albrecht Dürers Methode der mechanischen Biegung ist oft wegen der "Steifheit" der Ergebnisse der figürlichen Bewegungsdarstellung kritisiert worden (u. a. Condivi). Diese Kritik ist vermutlich auch deshalb formuliert worden, "weil man diese Figuren als künstlerische Vorlagen mißverstand" (Hinz 2011). Aus diesem Grund auch nimmt der Vortrag die Kritik zum Ausgangspunkt und stellt im Hinblick auf die Bildvorlagen vereinzelte Textstellen aus Dürers theoretischem Werk vor, die sein Vorgehen der mechanischen Konstruktion als didaktische Strategie der Vereinfachung rechtfertigen und durch seine ergänzenden Anleitungen zur bildlichen Korrektur auch Hilfestellung zu einer überzeugenden Bewegungsdarstellung geben.
Dr. phil. des. Pirkko Rathgeber, Universität Basel
Prof. Dr. Karlheinz Lüdeking
Die Wirksamkeit der Druckschrift in Dürers Selbstporträt von 1500
Aufgrund seiner betonten Frontalität ist Dürers Selbstporträt von 1500 immer wieder mit dem Christusbild verglichen worden. Frontalität ist aber auch ein Merkmal geschriebener und gedruckter Schrift. Dieser banale Umstand wurde bei der Deutung des Bildes bislang kaum beachtet, obwohl der Schrift in diesem Gemälde offenkundig eine außergewöhnliche Präsenz eingeräumt wird. Der Vortrag unternimmt einen Versuch zu zeigen, was das zu bedeuten hat.
Prof. Dr. Karlheinz Lüdeking lehrt Kunstwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität der Künste Berlin.
Berthold Hinz (Prof. em. Dr.)
Albrecht Dürers anthropometrische Illustrationen in seinen "Vier Büchern von menschlicher Proportion" (1528)
Während Dürers künstlerische Graphik weltweit höchstes Ansehen genießt, wurde seine angewandte Graphik nicht nur von Künstlern verspottet (z.B. von Michelangelo und Hogarth), sondern auch in der Kunstwissenschaft kaum zur Kenntnis genommen. Dabei hat Dürer jahrzehntelang daran gearbeitet, seine wissenschaftlichen Bücher in angemessener Weise zu illustrieren. Hier soll ein Blick auf die Modalität seiner anthropometrischen graphischen Studien und deren Vorläufer bei der naturwissenschaftlichen Buchillustration geworfen werden. Seine Lösungen bestimmen das anthropometrische graphische Repertoire bis heute.
Berthold Hinz (Prof. em. Dr.) hatte zuletzt den Lehrstuhl für Allgemeine Kunstgeschichte an der Universität Kassel inne.