Schon lange hatte der fränkische Spieleautor Rüdiger Dorn diesen Moment herbeigesehnt, doch nachdem bereits fünf seiner Spiele das Rennen um den begehrten Pöppel des "Spiel des Jahres" nicht für sich entscheiden konnten, hatte er keine allzu hohen Erwartungen. Nachdem er mit Las Vegas (Alea, 2012) als großer Favorit für den begehrtesten Spielepreis Deutschlands gehandelt wurde und trotzdem ohne eine Auszeichnung nach Hause fuhr, schwor er sich: "Da fährst du nicht mehr hin!" (Nürnberger Nachrichten, 15.8.2014).
Zu seinem Glück war der Ärger darüber schnell verflogen und er konnte bei der diesjährigen Verleihung in Berlin den Preis für das "Kennerspiel des Jahres" persönlich entgegennehmen, der jetzt in Form eines grauen Pöppels die Schachtel seines neuseten Erfolges Istanbul (Pegasus Spiele) ziert.
Bereits in jungen Jahren entwickelte sich bei dem 1969 in Osnabrück geborenen Rüdiger Dorn eine besondere Leidenschaft für das Medium "Spiel". Jedes Jahr fieberte er als Kind Silvester entgegen, denn an diesem einen Tag im Jahr versammelte sich seine Familie zu einem großen Spieleabend. Vor allem Klassiker wie Fang den Hut, Mikado oder Mensch ärgere dich nicht kamen dabei auf den Tisch. Allerdings genügten diese relativ einfachen Spiele bald nicht mehr seinen immer höher werdenden Ansprüchen. So beginnt er bereits mit 10 Jahren an den bekannten Spielregeln zu tüfteln und diese für sich zu optimieren.
Auch mit dem Älter werden verliert er sein Interesse am Spiel nicht. Während seine Freunde begeistert am C64 die Klassiker der Videospielgeschichte Frogger, Donkey Kong oder Pacman für sich entdecken, lässt sich Dorn von diesen zu neuen Brettspielideen inspirieren und beginnt ab etwa 1990 erste eigene Spielideen zu entwickeln. Dabei handelte es sich, neben dem Versuch Videospiele auf das Brettformat zu übersetzen, meist um Varianten von Start-Ziel-Spielen mit Ereignisfeldern.
Eine große Rolle beim Start seiner Karriere als Spielerfinder spielte dabei die Zeitung "Die Spielbox", die sich professionell mit dem "Kulturgut Spiel" und dessen Machern auseinandersetzt. Mit etwa 19 Jahren wurde er auf diese aufmerksam und es wurde ihm, wie er sagt "[...] schlagartig bewusst, dass hinter Spielen tatsächlich Menschen stehen, die diese Spiele entwickelt haben!" (alea Profil) Von da an setzte er sich immer intensiver mit der Tätigkeit des "Spieleerfindens" auseinander.
Wenige Zeit später gelang ihm seine erste Veröffentlichung Cameo im Jahr 1992 bei Haba. Nach der Begeisterung über diesen ersten großen Erfolg, trat schnell die Ernüchterung ein. Ganze vier Jahre konnte keine seiner Ideen mehr einen Verlag überzeugen. Doch sein Durchhaltevermögen sollte sich bezahlt machen. Einfache und familienfreundliche Karten- und Brettspiele wie Ex & Hopp (Ravensburger, 1996) oder Der kleine Riese Kasimir (Goldsieber, 1998) brachten ihn wieder ins Gespräch und legten den Grundstein für eine langjährige, erfolgreiche Karriere in der Spielebranche. Umso mehr Erfahrung er sowohl beim Spielen selbst, als auch beim Erfinden von Spielen mit der Zeit sammelte, desto mehr entwickelte er eine Vorliebe für komplexere Spielmechanismen, die er in seine folgenden Veröffentlichungen einfließen ließ. Mit Die Händler von Genua (Alea, 2001) gelang ihm schließlich der große Durchbruch. Er landete prompt auf der Auswahlliste von "Spiel des Jahres" und erreichte beim "Deutschen Spielepreis" den 3. Platz. Es folgten zahlreiche Nominierungen und Platzierungen, bis hin zum 1. Platz des "Deutschen Spielepreises" für Louis XIV (Alea, 2005) und natürlich dem diesjährigen Erfolg von Istanbul als "Kennerspiel des Jahres 2014". Rüdiger Dorn ist aus der heutigen Spielewelt nicht mehr wegzudenken und begeistert sowohl Gelegenheits- wie auch Vielspieler mit seinen bisher fast 40 Veröffentlichungen in zahlreichen Ländern.
Er selbst ist ebenfalls ein begeisterter Spieler, der mit einer 800 Spiele starken Sammlung aufwarten kann. Vor allem das Haushalten von Ressourcen wie bei Agricola (Uwe Rosenberg) bereitet ihm große Freude. Das viele Spielen, sagt er, hilft ihm, ein besseres Gefühl für die Entwicklung seiner Ideen zu bekommen. Das Erfinden an sich geht bei Rüdiger Dorn sehr schnell. Meist zwischen zehn Minuten und ein bis zwei Tagen, braucht er für eine Idee. Die zahlreichen Testrunden und das Verbessern dieser Idee bis hin zum ausgereiften Spiel nehmen hingegen, wie im Falle von Die Händler von Genua mehrere Monate in Anspruch. In diesem Prozess kann er sich auf die volle Unterstützung seiner Frau Maja verlassen. Mit ihrer offenen Kritik bildet sie einen wichtigen Gegenpol und hilft ihm so die noch vorhandenen Schwachpunkte seiner Konzepte zu erkennen. So kommen pro Jahr etwa 20 Spiele zusammen, von denen es fünf zur Produktion eines Prototypens schaffen. Wiederum drei dieser Prototypen schaffen es dann zu den Verlagen.
Trotz des großen Erfolgs bleibt das Erfinden von Spielen für ihn ein Hobby, dem er mit großer Leidenschaft nachgeht. Er möchte sich nicht gezwungen fühlen, Auftragsarbeiten anzunehmen und sich dadurch die Freude am Entwickeln zu nehmen.
Er lebt derzeit mit seiner Frau Maja und den drei gemeinsamen Kindern in Pfofeld, nahe Nürnberg und ist hauptberuflich als Lehrer an einer Wirtschaftsschule tätig. Den Beruf verbindet er mit seinem Hobby, indem er Schülern Projekte wie "Wir erfinden ein XY-Spiel – Von der Idee zum Produkt!?" anbietet, und versucht so auch in seinem beruflichem Umfeld seine Begeisterung zu teilen und für das "Kulturgut Spiel" zu sensibilisieren.
Ludographie (Auszug)
1992 | Cameo (HABA) |
1996 | Ex & Hopp (Ravensburger Spieleverlag) |
1998 | Der kleine Riese Kasimir (Goldsieber) |
Der Schatz der Erdgeister (Piatnik) | |
1999 | Spacewalk (Ravensburger Spieleverlag) |
2001 | Zauberberg (Ravensburger Spieleverlag) |
Franken-Quartett (Fränkischer Tag-Spiele) | |
Die Händler von Genua (Alea) | |
Gargon (AMIGO) | |
2002 | Emerald (ABACUSSPIELE) |
2004 | Goa (Hans im Glück) |
Jambo (Rio Grande Games) | |
2005 | Louis XIV (Alea) |
Raubritter (Queen Games) | |
2006 | Los Mampfos (Zoch) |
Relikt (AMIGO) | |
Die Baumeister von Arkadia (Ravensburger Spieleverlag) | |
2007 | Jetzt schlägt's 13! (Ravensburger Spieleverlag) |
2008 | Diamonds Club (Ravensburger Spieleverlag) |
Reise zum Mittelpunkt der Erde (Kosmos) | |
Cartagena – Die Goldinsel (Winnig Moves) | |
2009 | Schatzkiste (Alea) |
2010 | Snapshot (Kosmos) |
Drachenherz (Kosmos) | |
Titania (Hans im Glück) | |
2012 | Goa (Filosofia) |
Waka Waka (Kosmos) | |
Il Vecchio (Pegasus Spiele GmbH/ Hall Games) | |
Las Vegas (Alea) | |
2013 | Asante (Kosmos) |
2014 | Faulpelz (Kosmos) |
Istanbul (Pegasus Spiele) |