28. September bis 2. Dezember 2007
Ausstellung der Kunstsammlungen im Museum Industriekultur
Mit Paul Ritter stand eine Nürnberger Künstlerpersönlichkeit und ihr Umfeld im Mittelpunkt, die bisher in der wissenschaftlichen Bearbeitung so wenig beachtet wurde, dass man fast von einer Neuentdeckung sprechen kann. Als Paul Ritter am 27. November 1907 in Nürnberg verstarb, fand auf Initiative seines langjährigen Freundes Anton Schöner bereits Ende Januar bis Ende Februar 1908 im Kunstsalon Keller und Reiner in Berlin eine Gedächtnisausstellung zu seinen Ehren statt. In Nürnberg konnte eine entsprechende Ausstellung erst ein Jahr später, vom 22. April bis 15. Mai 1909 im Künstlerhaus realisiert werden. Zu beiden Ausstellungen erschien kein Katalog. Mit der Ausstellung aus Anlass seines 100. Todestages wird dem Künstler Paul Ritter die ihm gebührende Anerkennung der Stadt Nürnberg zuteil und durch den dazu erschienenen Katalog erstmals eine umfassende kunsthistorische Würdigung seines Werkes versucht.
Zu Paul Ritter ist bisher überhaupt noch keine monografische Abhandlung publiziert, obwohl von ihm ein beeindruckendes und umfangreiches Werk überliefert ist. Bisher finden sich nur kleinere Zeitungsbeiträge und verstreute Hinweise zu seinem Werk.
Im Zuge der Ausstellungsvorbereitung wurden wesentliche wissenschaftliche Ergebnisse gewonnen. Es konnten sieben(!) Gemälde und Aquarelle, die zum Teil seit den 1950er Jahren auf der Fehlliste der Bestände der Städtischen Kunstsammlungen standen, aufgefunden werden. Mehrere Gemälde wurden neu in das Kunstinventar aufgenommen, bereits bestehende Zuordnungen und Datierungen bereinigt und technische Angaben ergänzt. Erstmals wurde ein Gesamtverzeichnis der städtischen Bestände der Künstlerfamilie Ritter erstellt und damit mehr als nur ein kleiner Beitrag zur städtischen Sammlungs- und Industriegeschichte geleistet.
Die Ausstellung über die Künstlerfamilie Ritter fand – für viele vielleicht sehr überraschend – im Museum Industriekultur statt. Dafür gibt es viele und überzeugende Argumente.
Zuerst konnten zwei ganz praktische Gründe nicht außer Acht gelassen werden. Zum einen sprengen mehrere Gemälde von Paul Ritter allein durch ihre Formate von bis zu vier Metern Höhe die beengten Dimensionen des Stadtmuseums Fembohaus. Und zum anderen: Für die Landesausstellung 2006 hatte das größte Gemälde seinen Standort in der Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken bereits verlassen und befand sich vor Ort.
Aber entscheidend für die Wahl des Ausstellungsortes "Museum Industriekultur" waren konzeptionelle und inhaltliche Aspekte.
Ein Sammlungsschwerpunkt des Museums Industriekultur deckt sich größtenteils mit der künstlerischen Blütezeit der Malerfamilie Ritter. Das Museum Industriekultur als Folie für die Ausstellung ermöglicht es, eine unmittelbare sinnliche Korrespondenz zwischen den Industrie- und Alltagsgegenständen der bürgerlichen Auftraggeber und den von ihnen präferierten Kunstgegenständen zu vermitteln. Deutlicher konnte für die Ausstellungsbesucher der Bezug zwischen Industriekultur und Kunst nicht hergestellt werden.
Dieser Idee folgte die konzeptionelle Umsetzung der Ausstellung: Die Kunstwerke wurden in die vorhandene Ausstellung des Museums Industriekultur integriert. Wir schafften also nicht einen "White Cube", dem wir dann mühsam durch ausstellungstechnische Bauten die Atmosphäre der Zeit einhauchen, sondern wir liesen uns auf die vorhandene Situationen im Museum Industriekultur ein und suchten uns die Orte, an denen inhaltlich oder auch nur rein formal ästhetisch die Gemälde, Zeichnungen und Grafiken verortet werden konnten.
Die Ausstellung arbeitete mit den Mitteln des Kontrastes und der Analogie. Die Kunstwerke wurden einzelnen Objekten und Situationen im Museum Industriekultur anhand von elf Stationen gegenübergestellt: Zu Beginn stand das "Atelier des Künstlers", dann "Das historische Bild" mitten auf der Museumsstraße, die Stationen "Gotische Kirchen", "Stadtmauern" und "Industrieausstellungen" im Raum mit der großen Dampfmaschine von M.A.N., "Arbeiten für die Industrie" in der Späthschen Schmiede, "Vom Gemälde zum Buchdruck" in der Druckerwerkstatt, "Feste und Festgestaltung" im Arbeitervereinslokal, "Gassen und Höfe" im Schulgässchen und "Reisen und Mobilität" zwischen den historischen Autos mit Blick zur Postkutsche und dem Modell des historischen "Adlers".
Es war eine Ausstellung für die Augen. Die Museumsstraße im Museum Industriekultur bot die Möglichkeit, die bildmächtigen Gemälde so zu inszenieren, wie die Räumlichkeiten dimensioniert waren, für die sie geschaffen wurden. Das Museum gewann durch diese Erweiterung bzw. Fokussierung eines wichtigen Aspektes der Zeit der Industriekultur – und die Kunst gewann durch die schlichte Schönheit des Baues des Tafelwerkes.
Presseberichte zur Ausstellung
Die Nürnberger Künstlerfamilie Ritter (PDF-Datei 76 KB)
Taubenschlag - das Portal für Gehörlose und Schwerhörige
Mittelalter und Maschinen
(PDF-Datei 256 KB)
Museumszeitung - Beilage der Nürnberger Nachrichten vom 18. September 2007
Stadtspaziergang auf romantischen Pfaden
(PDF-Datei 437 KB)
Nürnberger Nachrichten vom 29. September 2007
Mittelalter unter Volldampf
(PDF-Datei 247 KB)
Nürnberger Zeitung vom 29. September 2007
Im Glanz der Vergangenheit
(PDF-Datei 570 KB)
Fränkischer Sonntag vom 6. Oktober 2007
Ausstellung - Museen der Stadt Nürnberg
(PDF-Datei 201 KB)
Magazin Citykirche Nürnberg, Ausgabe 10/2007