Nürnberg – Ort der Reichsparteitage
Inszenierung, Erlebnis und Gewalt

Ab 2021 wird das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände umgebaut. Die alte Dauerausstellung wird für die Zeit der Baumaßnahmen durch eine Interimsausstellung ersetzt: Dort steht der Ort Reichsparteitagsgelände räumlich und inhaltlich im Zentrum. Eine großformatige Medieninstallation nimmt die Besucher mit auf eine Zeitreise durch die Jahre von 1918 bis heute und gibt eine erste Orientierung auf dem weitläufigen Areal. Ein Kaleidoskop an Bildern und Plänen stellt das Gelände in den zeitlichen und topografischen Gesamtzusammenhang.

Vier um die Installation gruppierte Zeiträume beleuchten die Ereignisse auf dem Reichsparteitagsgelände. Die nationale Geschichte wird erstmals durch die lokale Perspektive erzählt. Ausgewählte Objekte tragen ebenso zu dem collageartigen Bild bei wie Dokumente, Filme und Fotos. Zahlreiche Biografien und Zeitzeugenberichte öffnen persönliche Sichtweisen auf das Thema. Bekanntes steht neben Neuem, veränderte Blicke und Erklärungsansätze knüpfen an vorhandenes Wissen an. Medienstationen betonen die Stimmenvielfalt und laden die Besucher ein, sich ein eigenes Bild der Geschichte zu machen.

1918-1933 | Chancen und Krisen – Nürnberg in der Weimarer Republik

Seit Ausrufung der Republik 1918 musste sich die erste deutsche Demokratie immer wieder gegen Angriffe behaupten. Die sozialdemokratisch geprägte Industrie- und Arbeiterstadt Nürnberg wurde zum wichtigen Veranstaltungsort: Neben Großveranstaltungen der Arbeiterschaft fanden dort 1927 und 1929 erste Reichsparteitage der NSDAP statt. Engagierte Kommunalpolitiker verteidigten die Republik bis zuletzt.

1933-1939 | Die Reichsparteitage – Gemeinschaft und Ausgrenzung

Ab 1933 fanden die Reichsparteitage der NSDAP jährlich in Nürnberg statt. Nach Plänen von Albert Speer entstand hier ein riesiger Kultort. Mit dem nationalen Großereignis verfolgte das NS-Regime zentrale gesellschaftliche Ziele. Die nationalsozialistische Ausgrenzungsgesellschaft wurde als "Volksgemeinschaft" inszeniert und sollte die breite Zustimmung der Deutschen zum NS-Regime öffentlich sichtbar machen. Neue Medien wie der Rundfunk übertrugen das Gemeinschaftserlebnis der Reichsparteitage ins gesamte Reich.

1939-1945 | Das Gelände im Krieg – Gefangenschaft, Zwangsarbeit und Deportation

Während des Zweiten Weltkriegs entstanden auf dem Reichsparteitagsgelände mehrere Lager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Tausende Menschen starben oder wurden gezielt ermordet. Der Bahnhof Märzfeld wurde zum Ausgangspunkt der Deportationen für Juden aus Franken in die Vernichtungslager. Nur wenige überlebten.

1945-2020 | Kein gewöhnlicher Ort – Vom Umgang mit dem Gelände

Nach dem Krieg suchte die Nürnberger Stadtgesellschaft Jahrzehnte lang nach einem adäquaten Umgang mit dem Gelände. Erst ab Mitte der 1980er Jahre entstanden erste Informationsangebote. 2001 öffnete das Dokumentationszentrum. Noch heute fordert der Ort uns auf, immer wieder neu Stellung zu beziehen und eigene Formen der Auseinandersetzung mit den baulichen Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus finden.

Die Informationen zur Interimsausstellung können Sie auch als PDF-Datei herunterladen
Nürnberg – Ort der Reichsparteitage